Jaipur

18.10.2008: Ein Hefeweizen zum Abschied

 

Heute Mittag geht es endlich los: Ich steige in den Zug nach München, wo mich der Lufthansa-Flieger nach Neu Delhi erwartet. Da in dieser Woche bei einem ICE Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden, verzögert sich die Ankunft in München, es bleibt aber noch Zeit für ein Hefeweizen in einem Biergarten direkt an Abflughalle 2.

 

Mein Gepäck beläuft sich bereits jetzt auf 19 kg – das kann ja noch etwas werden. In der Lufthansa-Maschine ist es erwartungsgemäß knackig eng, an Schlaf ist da nicht wirklich zu denken. Die Nacht wird kurz, als wir 8 Stunden landen, dämmert es schon.

 

 

19.10.2008: Mein neuer Job: Geldtransporteur

 

Am Flughafen Delhi sammelt uns jemand von Rotel Tours ein (Ja, das sind die mit den roten Bussen!!!). Wir bekommen jeder von Rotel einen Tagetes-Kranz und entwickeln uns so schnell zu DER Touristen-Attraktion am Flughafen. Weiss nicht, wieviele Inder zusammen mit uns fotografiert werden wollten! Da die Reiseleiterin, die uns ab Varanasi im Rotel-Bus begleitet, fast kein Bargeld mehr hat, bekomme ich vom Rotel-Angestellten in Delhi einen “Geld-Koffer”, auch als “Türken-Koffer” bekannt, in die Hand gedrückt. Zu siebt fliegen wir weiter nach Varanasi (dem früheren Benares).

 

In Varanasi angekommen, sehe ich zum ersten Mal mein Luxus-Hotel für die nächsten 2 Wochen: Ein Expeditionsbus mit 34 Sitzen und als Anhänger unser Rotel, das Hotel auf Rädern. Auf drei Etagen gibt es dort jeweils Kabinen im Format 190 x 65 x 65 cm – Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Ist also so eng wie befürchtet. Lästig wird es, wenn es draußen so richtig heiss ist. Ich liege oben, da kommt dann noch dazu, dass jedes Mal ein Erdbeben ausgeloest wird, wenn jemand aus seiner Kabine herausrobbt. Da das Durchschnittsalter irgendwo jenseits der 60 liegt, passiert das leider sehr, sehr oft! Übernachtet wird immer im Hof bzw. Garten eines Hotels. Meist übernachten wir zweimal am selben Platz, das erste Mal gibt es Essen im Hotel, das zweite Mal Rotel-Küche.

 

Gegen 21 Uhr kommen die anderen der Gruppe an, die bereits eine Woche in Nepal unterwegs waren; insgesamt sind wir 23 Leute. Abends laden wir uns zu fünft zu einer mohammedanischen Hochzeitsfeier ein- alle sind fröhlich, vom Brautpaar mal abgesehen- wundert aber auch nicht, wenn man hört, was die beiden bereits alles an dem Tag erledigen mussten. Ausserdem haben sich die beiden heute zum ersten Mal gesehen!

 

 

20.10.2008: Am heiligen Ganges

Früh am Morgen geht es zum Ganges mit seinen Ghats, also den Stellen, wo die Hindus Ihre rituellen Waschungen vornehmen. Hier gibt es aber auch mehrere Verbrennungsstellen, wo sich ein echter Hindu (der es sich leisten kann) verbrennen lässt und seine Asche dann den Fluss hinunterfliesst. Unter bestimmten Bedingungen, etwa bei schwangeren Frauen, Kindern oder heiligen Männern, erfolgt keine Verbrennung, da wird der ganze Körper auf seine vorläufig letzte Reise geschickt. Kann also immer passieren, dass eine Leiche am Boot vorbeischwimmt.

 

Das erste Stück zum Fluss können wir noch mit unserem Bus fahren, den Rest gehen wir zu Fuß, kein Durchkommen für den Bus (und für uns zu Fuß auch kaum). Kaum steigen wir aus, sind wir umzingelt von Bettlern, Kindern, Rikscha-Fahreren, Verkäufern, heiligen Männern. Durch meinen Nepal-Besuch wusste ich ja ungefähr, was mich erwartet, für manch einen der anderen war diese Erfahrung aber sicherlich grenzwertig. Varanasi ist echtes Hardcore-Indien.

 

Am Fluss angekommen, chartern wir zwei Ruderboote und fahren den Ganges ein Stück flussaufwärts. Der Fluss bringt es derzeit auf rund 400 Meter Breite, während des Monsuns steigt der Wasserspiegel schon mal um 5 bis 10 Meter, der Fluss erreicht dann eine Breite von bis zu 10 km. Diese Fahrt durch den Morgennebel war traumhaft, auch wenn der Morgennebel eigentlich Smog war…

 

Zu fünft (Peter mit "seinen" vier Lehrerinnen) gehen wir dann noch den Fluss entlang, finden ein kleines Gasthaus mit feiner indischer Kueche. Für ein Vegetable Curry, ein Banana-Lassi und eine Kanne Ingwer-Tee bezahle ich 1,50 Euro; ein normaler Preis abseits der Touristen-Zentren, wie sich herausstellen sollte.

 

Am Abend besuchen wir noch ein benachbartes Einkaufszentrum amerikanischen Stils. Endlich keine Preisverhandlungen mehr. Am Nachmittag hatte ich ein Schild gesehen “Silk factory”, da wollen die anderen auch hin. Problem: Laden hat zu. In Indien kein echtes Problem. Eine Minute später schliesst der Chef auf, 3 Minuten später sind zwei Angestellte da. Der benachbarte Klamottenladen macht auch gleich noch für uns auf. Das ist eben eine Dienstleistungsgesellschaft!

 

 

21.10.2008: Indien- das Land der Kontraste

 

Heute wartet die längste Fahrtstrecke auf uns, rund neun Stunden sind wir nach Khajuraho unterwegs. Teilweise top ausgebaute Straßen, dann wieder schlaglochübersät, die ganze Palette halt. Wo wir auch immer auftauchen und die Leute unser Rotel sehen, gibt es einen Menschenauflauf. Obstverkäufer vergessen, von ihren Kunden das Geld zu kassieren, Rikschafahrer vergessen, zu treten, Frieure vergessen, zu rasieren und Kinder vergeUeber 80 Tempel wurden binnen 100 Jahren erbautssen, ihren Mund wieder zuzumachen…

 

Die Kontraste in Indien sind gigantisch: Einerseits werden die Inder in zwei Tagen erfolgreich eine Rakete ins All schicken, sie sind führend bei Hard- und Software- sowie Kommunikationstechnologie, andererseits können sich viele Eltern die Schuluniformen nicht leisten und die Analphabetenrate liegt immer noch bei 35%! Es gibt einige extrem Reiche, in den vergangenen 20 Jahren entstand eine Mittelschicht, die inzwischen bei 10-20% Anteil liegen soll. Mittlerweile leben 1,2 Mrd. Menschen in Indien.

 

22.10.2008: Spiritueller Akt

 

Inder gelten heute als extrem prüde. Ganz anders war die Situation um das Jahr 1000, als die hier herrschenden Chandela in Khajuharo über 80 Tempel errichten ließen mit sehr eindeutigen Skulpturen. Da diese Mails auch von Kids gelesen werden, mehr gerne an anderer Stelle…

 

Auf jeden Fall beeindruckend. Unser Fünfer-Grüppchen geht gemeinsam in ein Dachlokal mit gutem Essen und nettem Ausblick, bevor wir dann die Einkaufsstrassen entlang schlendern.

 

Herausforderung: Etwas einkaufen

 

Problem 1: Außer uns ist Mittags keiner unterwegs.
Problem 2: Es gibt viel zu viele Händler.
Problem 3: Ausländer sind Freiwild.

Problem 4: Ausländer haben keine Ahnung, was wieviel kosten darf.
Problem 5: Ausländer sind unglaBuy! Cheap! Taxi? Come to Ali Baba! Rikscha? Buy! Cheap postcards! Come to my Uncle's Restaurant!ublich reich und müssen geschröpft werden.

 

 

 

Wir bewegen uns also zusammen mit 10, teilweise auch 30 Einheimischen die Straße entlang, dank zäher Verhandlungen, vor allem durch Gabi, kaufen wir auch das eine oder andere recht günstig ein. Eine Damenbluse und eine 7/8-Hose wird z.B. bis zum Abend frisch geschneidert und zum Bus geliefert. Preis: 800 Rupien – also rund 13 Euro! Qualität, Schnitt und Design: Voll o.k.

Zwischendurch fliehen wir immer wieder mal in Geschäfte oder Restaurants, wenn zu viele etwas von uns wollen. Intimsphäre gibt es in Inden nicht – wie auch, bei 1,2 Mrd. Menschen?

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